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Der Hyperventilations-Provokationstest HVPT, Auswirkungen von willentlicher Hyperventilation

- Letzte Aktualisierung am der 24. Dezember 2018
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Geschrieben von Dr. Artour Rakhimov, Alternativer Gesundheitserzieher und Autor
- Medizinisch überprüft von Naziliya Rakhimova, MD

Die Buteyko-Methode zum Selbstlernen Teil 1-A

Der Hyperventilationstest wurde viele Jahrzehnte lang von Ärzten genutzt, um das empfindlichste System im Körper des Menschen ausfindig zu machen. Allerdings kann er in manchen Fällen gefährlich sein, die im Folgenden besprochen werden.
Absichtliches hyperventilieren kann bei Asthmatikern einen Asthmaanfall auslösen, bei Menschen mit Bluthochdruck eine Herzattacke, bei Epileptikern einen epileptischen Anfall usw. In den aufgeführten Studien finden sich Daten dazu:
– Spasmen der Koronararterien (Nakao et al, 1997) 206 Patienten, 100% Auslösung spezifischer Symptome
– Bronchialasthma (Mojsoski N & Pavicic F, 1990) 90 Patienten, 100% Auslösung von Asthmasymptomen
– Panikattacken (Bonn & Readhead 1984; Holt PE; Andrews, 1989; Nardi et al, 2000), 95-100% Auslösung von Paniksymptomen
– Epilepsie (Esquivel, 1991; Wirrel, 1996) 95-100% Auslösung spezifischer Symptome

Hier ein Auszug aus einem Vortrag von Dr. Buteyko an der Moskauer Universität 1969

Wir geben unsere bevorzugte Anweisung, tiefer zu atmen. Sokolov schrieb ja in der „Literaturnaya gazeta“: „Atmen Sie tiefer, aber ist das
notwendig?“
Wir sagen „es ist notwendig“! Noch einmal (atmen Sie tiefer), damit die Symptome auftauchen. Wie schnell? Es dauert 1-5 Minuten. Der Patient
sieht dann, dass er nicht hypnotisiert wurde und keine Psychotherapie gemacht wurde, sondern dass es ein physiologisches Gesetz ist. Und wir
können immer wieder diese Attacken von Asthma, Stenokardie und Epilepsie auslösen. Seit über 50 Jahren ist bekannt, dass tiefes Atmen
epileptische Anfälle hervorruft.
Irgendwie kam niemand auf den Gedanken, die Atmung zu reduzieren, um zu sehen, ob die Symptome ausbleiben würden. Wir haben es getestet: bei
den meisten Patienten bleiben sie aus.

Das ist nicht überraschend. Die Anfälle sind induziert. Wir fragen die Patienten dann: „Wie geht es Ihnen? Atmen Sie nicht!“ Der Patient
reduziert wieder seine Atmung und siehe da, der Anfall verschwindet. „Verstanden?“ fragen wir. „Nein, ich verstehe nicht“…(Patient) „Atmen
Sie tiefer!“ Und so weiter, bis er versteht, dass sein Asthma, sein Bluthochdruck nicht vom Himmel fallen, sondern dass er all das selbst
herbeiführt und es zu jedem Zeitpunkt herbeiführen kann.

Wenn Sie immer noch Zweifel haben und glauben, dass tief Atmen gut für die Gesundheit ist oder mehr Sauerstoff liefert, machen Sie diesen Test.

Warnung für Asthmatiker. Menschen mit Asthma dürfen nicht durch den Mund hyperventilieren. Heftiges Mundatmen kann einen sehr schweren Anfall auslösen, weil die Atemwege stark gereizt werden. Hyperventilation durch den Mund ist gefährlich für sie, der Test kann aber mit Nasenatmung gemacht werden.
Warnung für Herzkranke. Wenn Sie eine Herzerkrankung haben, sollten Sie sehr vorsichtig sein. Die Herzrate kann um über 30% ansteigen. Es können ernste Probleme auftreten. Wenn Sie diesen Test machen wollen, dann zu Ihrer eigenen Sicherheit mit einem Herzraten-Monitor, so dass Sie Ihren Puls im Auge behalten können. Wenn der Puls um 30% oder mehr ansteigt, stoppen Sie den Test sofort! Hyperventilation ist sehr gefährlich für Herzpatienten.

Hyperventilations-Provokationstest (Durchführung)

Setzen Sie sich und beginnen Sie, indem Sie 2-3 mal tiefer atmen als gewöhnlich. Achten Sie auf Ihre Symptome. Was geschieht mit Ihrer Fähigkeit, Gedanken und Gefühle zu kontrollieren? Wenn Ihre spezifischen Symptome auftauchen (Enge in der Brust, Keuchen, Angina-Schmerzen, Jucken der Haut, Benommenheit etc.) stoppen Sie den Test.Versuchen Sie die Symptome zu kontrollieren, indem Sie Ihre Atmung reduzieren. Atmen Sie dazu 10-20% weniger ein als gewöhnlich und entspannen Sie alle Muskeln, insbesondere die Atemmuskulatur. Fahren Sie fort, bis die Symptome wieder verschwinden. Das sollte nach 3-5 Minuten der Fall sein.

„Wenn ein Patient die Bedeutung des Tests nicht verstanden hat oder nicht überzeugt ist, dass seine Erkrankung durch zu tiefes Atmen verursacht
wird, wird der Test wiederholt. Für Patienten, die die Methode der VEDB [volitional elimination of deep breathing (willentliche Eliminierung
tiefen Atmens)] nicht wirklich begreifen können, ist sie nicht geeignet. Das ist der Fall bei Kindern unter 3 Jahren und Personen mit
psychischen Störungen.“ Buteyko KP, The method of volitional elimination of deep breathing [Übersetzung des kleinen Buteyko Handbuches],
Voskresensk, 1994.

Fälle, in denen tiefes Atmen (willentliches Hyperventilieren) die Gesundheit verbesserte, reduziertes Atmen die Gesundheit jedoch
verschlechterte, sind in mehr als 30 Jahren Praxis nie vorgekommen (Buteyko, ibid.).

Für sehr neugierige Aspiranten der Methode:

Westliche Studien zum Hyperventilations-Provokationstest

Magarian GJ, Hyperventilation syndrome: infrequently recognized common expressions of anxiety and stress; Medicine 1982; 61: 219-236.
Magarian GJ, Middaugh DA, Linz DH, Hyperventilation syndrome: a diagnosis begging for recognition, West J Med 1983; 38: 733-736.

Der erste Schritt in diesem Ansatz ist, dass „der Patient mit der Ursache-Wirkungskette und ihren Symptomen konfrontiert wird. Ein Hyperventilationstest ist entscheidend für die Wirksamkeit der Therapie“ (p. 736, Magarian et al, 1983) Während des Tests atmete der Patient tief mit einer Frequenz von 30-40 Atemzügen pro Minute. Die meistens Patienten hatte ihre Symptome innerhalb von Minuten oder nach Sekunden. Diese Erkenntnis war ein Hauptfaktor für den gesamten Therapieerfolg.
Es liegt in der Natur der Sache, dass dieser Test bei Patienten mit ischämischer koronarer Herzerkrankung, Sichelzellenanämie, zerebraler Insuffizienz und grundlegender Hypoxämie (Sauerstoffmangel im Blut, Anm. d. Übersetzers) mit Vorsicht durchgeführt werden muss. Hinwiederum „ist es für den Patienten deutlich schädlicher, die Zusammenhänge zwischen Hyperventilation und Symptomatik nicht zu begreifen, als das Risiko des Tests“. (der Nutzen des Tests ist höher als der Schaden, Anm. d. Übersetzers) (p.231, Magarian, 1982). Die empfohlene Dauer des Tests lag bei 4-5 Minuten.
Nach Abschluss des Tests konnten die aufgetretenen Symptome mittels Atmen in eine Tüte schnell beseitigt werden. Schließlich wurden die Patienten ermutigt, ihre Atmung von Brust- auf Zwerchfellatmung umzustellen, sowie Entspannungstraining zu erlernen. Die Autoren berichten die geringe Effektivität verschiedener Medikamente bei der Normalisierung der Atmung.

St. Bartholomew’s Hospital, London, UK
Bonn JA, Readhead CP, Timmons BH, Enhanced adaptive behavioral response in agoraphobic patients pretreated with breathing retraining, Lancet 1984 Sep 22; 2(8404): 665-669.

21 Patienten mit Agoraphobie (Gefühlen von Angst, Panik, Terror) wurden zunächst dem HVPT unterzogen, mit einer Atemfrequenz von 60 Atemzügen pro Minute über maximal 3 Minuten. Über 95% stellten ihre Symptome fest, auch wenn diese weniger schwer waren als gewöhnlich. Zwei Drittel der Patienten waren unfähig, den Test zu Ende zu bringen, weil unangenehmer Stress und Benommenheit eintraten. Hingegen waren nur 4% der normalen Personen (aus der Vergleichsgruppe) unfähig, 3 Minuten zu hyperventilieren. Die Autoren betonen die Wichtigkeit des HVPT und des folgenden „Schocks der Erkenntnis“.

Institute of Stress Research, Netherlands
Grossman P, de Swart JCG, Defares PB, A controlled study of breathing therapy for the treatment of hyperventilation syndrome, J Psychosom Res 1985; 29 (1): 49-58

Die Forscher führten den HVPT für 3 Minuten durch mit dem Ziel, einen CO2 Gehalt der Lunge nach dem Ausatmen (end-tidal CO2) von 2,5% zu erreichen. Danach wurden die auftretenden psychologischen und physiologischen Symptome der Patienten diskutiert.

Department of Psychiatry, University of Utrecht, Netherlands
Ruiter de C, Ryken H, Grassen B, Kraaimaat F, Breathing retraining, exposure and a combination of both in the treatment of panic disorder with agoraphobia, Behav Res Ther 1989; 27(6): 647-655.

Untersucht wurden 40 Patienten mit diagnostizierter Agoraphobie. Als Auswahlkriterium diente die Fähigkeit, während des HVPT ihre Symptome wahrzunehmen. Die Patienten wurden darüber informiert, wie Hyperventilation, Katastrophengedanken und Sorge Panikattacken auslösen können.

Auszug aus dem Buch „Normal Breathing: the Key To Vital Health“ (deutscher Titel: „wieder natürlich atmen: der Schlüssel zu vitaler Gesundheit“):

6.1 Der HVPT (Hyperventilations-Provokationstest

Der HVPT wurde von russischen Ärzten bei allen Patienten angewendet und konnte sooft durchgeführt werden, bis die Patienten begriffen hatten, wie ihre Atmung, die sie regulieren können, im Zusammenhang mit ihrem Gesundheitszustand steht.
Aufgrund möglicher Komplikationen wurde während des Test konstant der Puls der Patienten überwacht (alle 10-15 Sekunden Kontrolle). Stieg der Puls um mehr als 30%, wurde der Test abgebrochen wegen des Risikos von Herzproblemen.

Von Asthmatikern sollte der Test nur mit Nasenatmung absolviert werden, da es sonst -bedingt durch zu starke Bewegung kalter Luft in den Atemwegen- zu entzündlichen Prozessen kommen kann, und es schwierig ist, die folgende Asthmaattacke zu stoppen.
Nach Dr. Buteyko half der Test bei der Identifizierung der am stärksten geschädigten Organe und Strukturen im Organismus (Buteyko, 1991a). In manchen Fällen konnte der Test auch bisher nicht diagnostizierte schwerwiegendere oder lebensbedrohliche Erkrankungen aufdecken. „Bekommt zum Beispiel ein Asthmatiker während des Tests keinen Asthmaanfall, sondern Symptome von Benommenheit und anderen Erscheinungen von Spasmen der Gehirngefäße oder krampfhafte Schmerzen in Herznähe (Angina pectoris), dann ist nicht die Lunge hauptsächlich geschädigt, sondern es liegt ein erhöhtes Schlaganfallrisiko vor“ (Buteyko, 1991a).
Zudem hat der HVPT eine tiefgreifende Wirkung auf die falschen Annahmen des Patienten hinsichtlich des Nutzens von tiefem Atmen, weil er die Wirkung selbst verspürt.
Unmittelbar nach dem Test wird dem Patienten vermittelt, wie er die Symptome des Tests, ebenso wie seine Krankheitssymptome eliminieren kann. Diese sogenannte Notfall-Prozedur wird an anderer Stelle beschrieben. Konnte der Patient den Zusammenhang zwischen Überatmung und seiner Erkrankung nicht erkennen, wurde der Test wiederholt und im Anschluss wieder die Notfall-Prozedur angewendet. Das wurde solange durchexerziert, bis der Patient verstanden hatte.
Das Bewusstsein von normaler und abnormaler Atmung war nicht nur eine Empfehlung oder Information. Nach Dr. Buteyko soll der Patient seine Atmung mithilfe verschiedener Methoden, Messungen und Aktivitäten Tag und Nacht unter Kontrolle bringen, um die Atmung zu normalisieren und Verluste an Kohlendioxid zu vermeiden.

Erstellt am 24.11.2017