Geschrieben von Dr. Artour Rakhimov, Alternativer Gesundheitserzieher und Autor
- Medizinisch überprüft von Naziliya Rakhimova, MD
Definition Hyperkapnie
Hyperkapnie wird allgemein definiert als abnorm hohes Level (über 45 mm Hg) an Kohlendioxid im arteriellen Blut. Vor vielen Jahrzehnten war Hyperkapnie ein häufig verwendeter Begriff in der Medizin und ist auch heute noch in einigen Gebieten der Erde und bei einigen Medizinern aktuell.
Hyperkapnie kann verschieden Ursachen haben.
Generell gibt es 5 Lebensbereiche, in denen Hyperkapnie jeweils verschiedene Bedeutungen hat. Auf diese Bereiche wird im Folgenden näher eingegangen.
Inhalt dieser Seite:
1. Hyperkapnie in der Notfall- und Akutmedizin
2. Hyperkapnie bei der künstlichen Beatmung
3. Hyperkapnie bei Behandlung mit Carbogen und bei physiologischen Tests
4. Hyperkapnie aufgrund chronischer Erkrankung
5. Hyperkapnie während Atemübungen
6. Behandlung der Hyperkapnie
Ursachen von Hyperkapnie in der Notfallmedizin
Schwere Hyperkapnie kann zu einer ernsthaften Aufgabe für Lungenspezialisten, Notfallmediziner und Akutpflegepersonal werden. Man unterscheidet die akute Hyperkapnie und die chronische Hyperkapnie.
Chronische Hyperkapnie begleitet häufig Erkrankungen der Lunge, bei denen der Gasaustausch dergestalt gestört ist, dass CO2 nicht mehr aus dem venösen Blut in die Alveolen diffundiert und/oder die Atemwege ihre Fähigkeit verloren haben, alle Alveolen zu belüften.
Gewöhnlich sind die Ursachen der Hyperkapnie:
– Erkrankungen der Atmungsorgane (z.B. Asthma, Bronchitis, Lungenemphysem, COPD)
– infektiöse Erkrankungen, wie bakterielle Lungenentzündung, schweres Akutes Atemwegssyndrom, Botulismus und Lungentuberkulose
– entzündliche Vorgänge (Lungensarkoidose)
– Mukoviszidose
– neoplastische Erkrankungen (Tumore, Geschwüre)
– Lungenödem
– nichtbakterielle Vergiftungen (Asbestose, Berylliose, Staublunge oder Anthrakose, Silikose und Silikotuberkulose)
– Stoffwechselstörungen (Fettsucht)
– Schlafapnoe
– primäre Hypoventilation
– Pickwick-Syndrom
Akute Hyperkapnie tritt auf bei:
status epilepticus
– kongestiver Herzinsuffizienz
– Atmungs- oder Lungeninsuffizienz
– exzessive Erhöhung des Totraumvolumens
– Atmen von reinem Sauerstoff
– Ventilationsstörung
– Fremdkörpern in den Atemwegen
– Atemstillstand
– Koma
– Überdosierung von Medikamenten, die die Atmung einschränken (z.B. Sedativa, Salicylat, Curare, Morphium und andere Opiate)
In diesen Fällen ist Hyperkapnie ein lebensbedrohliches Geschehen, das medizinische Versorgung benötigt.
Hyperkapnie bei künstlicher Beatmung (z.B. permissive Hyperkapnie)
Die Väter der respiratorischen Physiologie und die Autoren der ersten medizinischen Lehrbücher hatten definitiv einen objektiveren Blick auf die Eigenschaften von CO2. (Haldane & Priestley, 1935; Henderson, 1940).
Der unkluge, undifferenzierte Einsatz von 100% reinem Sauerstoff wurde zum Standard in der Notfallmedizin. Seit den 1990ern kehrte aber bei vielen Lungenfachleuten die Vernunft zurück. Daraufhin wurden hunderte Studien zur permissiven Hyperkapnie veröffentlicht. (der Begriff „permissive Hyperkapnie“ bezeichnet ein Verfahren zur Versorgung akuter respiratorischer Insuffizienz, bei dem die Lungen mit einem geringen inspiratorischen Volumen und geringem Druck belüftet werden, um Belastung, respektive Schädigung des Lungengewebes zu vermeiden).
Permissive Hyperkapnie wird angewendet bei:
Frühgeborenen (Miller & Carlo, 2007)
– Neugeborenen (Toms & Ambalavanan, 2004; Varughese et al, 2002)
– Lungenverletzungen bei Kindern (Rotta & Steinhorn, 2006)
– Vermeidung von Lungenverletzungen (Lafgey et al, 2004)
– ARDS (acute respiratory distress syndrome) (Lewandowski, 1996; Hickling & Joyce, 1995)
– und andere
Hyperkapnie während der Behandlung mit Carbogen und bei physiologischen Tests
Die Begriffe „Hyperkapnie“ und „hyperkapnisch“ werden ebenfalls benutzt in Verfahren, bei denen der geatmeten Luft CO“ zur Behandlung oder für physiologische Untersuchungen beigemischt wird. Luft-Gas-Gemische (mit 1%, 2%, 2,5% oder 5%) CO2 und unterschiedlichen Anteilen an Sauerstoff (20% bis zum Maximum) dienen zur Untersuchung von Patienten mit Asthma und Panikattacken. Ebenso werden Krebspatienten mit Carbogen-Gemischen behandelt, um einen höheren Sauerstoffgehalt in den Tumoren zu erreichen (Carbogen enthält nur CO2 und O2). Dabei haben diese Patienten während der Studie gewöhnlich keine erhöhten CO2-Konzentrationen im arteriellen Blut, sondern im Gegenteil haben viele von ihnen weniger als 40 mm Hg (normaler Wert). Daher benutzen viele Forscher den Begriff „Hyperkapnie“ auch für einen relativen Anstieg im CO2-Gehalt des Blutes durch das Atmen von CO2- angereicherten Luftgemischen. (Weiter kann das Atmen CO2-angereicherter Luft Panikattacken auslösen und bei manchen kann die ohnehin schon geringe CO2-Konzentration im arteriellen Blut noch weiter absinken).
Hyperkapnie durch chronische Krankheiten
Die folgenden Krankheitsbilder gehen gewöhnlich mit hohen arteriellen CO2-Konzentrationen einher:
– schweres Asthma
– Mukoviszidose
– COPD einschließlich Lungenemphysem und Bronchitis
sowie andere, bei denen es zu einem gestörten Ventilations-Perfusions-Verhältnis und Hypoxämie (reduzierter Sauerstoffgehalt des Blutes) kommt.
Die unten stehende Tafel veranschaulicht die Pathophysiologie dieser Krankheitsbilder
Ventilationsraten (chronische Krankheiten)
Krankheitsbild | Minuten- ventilation |
Zahl der Untersuchten | Referenzen or click below for abstracts |
Normale Atmung | 6 L/min | – | Medizinische Lehrbücher |
Gesunde | 6-7 L/min | >400 | 14 Studien |
Asthma | 13 (+-2) L/min | 16 | Chalupa et al, 2004 |
Asthma | 15 L/min | 8 | Johnson et al, 1995 |
Asthma | 14 (+-6) L/min | 39 | Bowler et al, 1998 |
Asthma | 13 (+-4) L/min | 17 | Kassabian et al, 1982 |
Asthma | 12 L/min | 101 | McFadden, Lyons, 1968 |
COPD | 14 (+-2) L/min | 12 | Palange et al, 2001 |
COPD | 12 (+-2) L/min | 10 | Sinderby et al, 2001 |
COPD | 14 L/min | 3 | Stulbarg et al, 2001 |
Mukoviszidose | 15 L/min | 15 | Fauroux et al, 2006 |
Mukoviszidose | 10 L/min | 11 | Browning et al, 1990 |
Mukoviszidose* | 10 L/min | 10 | Ward et al, 1999 |
Mukoviszidose und Diabetes* | 10 L/min | 7 | Ward et al, 1999 |
Mukoviszidose | 16 L/min | 7 | Dodd et al, 2006 |
Mukoviszidose | 18 L/min | 9 | McKone et al, 2005 |
Mukoviszidose* | 13 (+-2) L/min | 10 | Bell et al, 1996 |
Mukoviszidose | 11-14 L/min | 6 | Tepper et al, 1983 |
Wir sehen eine erhöhte Minutenventilation (bis zum 2-2,5-fachen der Norm). Durch die erhöhte Ventilation kommt es zur Verringerung des Kohlendioxid-Gehaltes in den Alveolen. CO2 ist ein hochpotenter Bronchodilator und unabdingbar für die Wiederherstellung der Alveolen (siehe Referenzen zur hypokapnischen Lungenschädigung unten). Im Ergebnis ist das Überatmen der Hauptfaktor bei der Zerstörung des Lungengewebes bei diesen Patienten und setzt obendrein die Sauerstoffversorgung der Zellen weiter herab.
Weitere Effekte von Hyperventilation sind: Zellhypoxie; Schwächung des Immunsystems (häufige Infekte); gestörte Effizienz der Ionen-Pumpen in den Schleimhäuten aufgrund der Gewebe-Hypoxie, was zu vermehrter Produktion von zähem Schleim führt (mit zerstörerischen Folgen bei Mukoviszidose); Unterkühlung und Austrocknung der Atemwege; Irritation der Hustenrezeptoren in der Luftröhre und viele weitere.
Hyperkapnie bei Atemübungen
Viele Atemübungen und -techniken verursachen einen natürlichen Anstieg der CO2-Konzentration. Hyperkapnie ist ein normaler Vorgang bei Pranayama, den Buteyko-Atemübungen (Reduziertes Atmen), dem Frolov Atemtrainer und anderen Atemtrainern, die mit Erhöhung des Totraumvolumens arbeiten (Samozdrav, Karbonic, Cosmic Breath u.a.)
In klinischen Studien wurden viele physiologische Parameter von meditierenden buddhistischen Mönchen gemessen, darunter auch Atmungsparameter. Es stellte sich heraus, dass die Mönche in einem Zustand strikter Hypoventilation meditieren. Von russischen Ärzten ebenso wie in den alten Sanskrit Texten wird berichtet, dass sehr langsames und reduziertes Atmen zu vielen erstaunlichen Effekten auf die Gesundheit führt.
Mehr Information dazu und genaue Zahlen (CO2 Level, Atemfrequenzen, Maximale Atemanhaltepausen, etc.) werden auf einer anderen Seite beschrieben. Den Link zu dieser Seite finden Sie im Bonusinhalt.
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Yoga-Meister haben ebenfalls eine sehr langsame und flache Atmung in Ruhe. Zitate aus alten Yogabüchern und ihr Geheimnis für Super-Gesundheit, die sich auf Hyperkapnie gründet, finden sich auf der Seite Yoga-Atmung.
Behandlung von Hyperkapnie
Die Behandlung der Hyperkapnie bezieht sich praktisch ausschließlich auf chronische Krankheiten wie schweres Asthma, chronische Bronchitis, Lungenemphysem und andere. In allen diesen Fällen geht Hyperkapnie Hand in Hand mit abnorm niedrigen arteriellen Sauerstoffwerten (Hypoxämie), bedingt durch Hyperventilation einher (siehe Tafel oben). Die detaillierten Informationen über die Behandlung von Hyperkapnie finden Sie auf der Seite Behandlung der Hyperventilation, wo auch die Behandlung der Hypoxämie beschrieben wird.
Referenzen
– Haldane JS and Priestley JG, Respiration, 2nd Edition, Oxford University Press, 1935.
– Hasselbalch: Bioch. Zeitsch., 1912, xlvi (46), 416.
– Henderson Y, Professor, MD, PhD, Carbon Dioxide, from the: Cyclopedia of Medicine, 1940.
– Hickling KG, Joyce C. Permissive hypercapnia in ARDS and its effect on tissue oxygenation. Acta Anaesthesiol Scand Suppl. 1995; 107: 201-8.
– Laffey JG, O’Croinin D, McLoughlin P, Kavanagh BP. Permissive hypercapnia–role in protective lung ventilatory strategies. Intensive Care Med. 2004 Mar; 30(3): 347-56.
– Lewandowski K. Permissive hypercapnia in ARDS: just do it? Intensive Care Med. 1996 Mar;22(3):179-81.
– Miller JD, Carlo WA. Safety and effectiveness of permissive hypercapnia in the preterm infant. Curr Opin Pediatr. 2007 Apr; 19(2): 142-4.
– Rotta AT, Steinhorn DM. Is permissive hypercapnia a beneficial strategy for pediatric acute lung injury? Respir Care Clin N Am. 2006 Sep; 12(3): 371-87.
– Toms R, Ambalavanan N. Permissive hypercapnia during mechanical ventilation of neonates. Indian Pediatr. 2004 Aug; 41(8): 775-8.
– Varughese M, Patole S, Shama A, Whitehall J. Permissive hypercapnia in neonates: the case of the good, the bad, and the ugly. Pediatr Pulmonol. 2002 Jan; 33(1): 56-64.
– Woodgate PG, Davies MW.Permissive hypercapnia for the prevention of morbidity and mortality in mechanically ventilated newborn infants. Cochrane Database Syst Rev. 2001;(2):CD002061.
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Überarbeitet am 08.08.2017