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Tiefes Atmen und Hyperventilation: Gefahren und Nutzen, weniger Sauerstoff durch tiefes Atmen

- Letzte Aktualisierung am der 24. Dezember 2018

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Geschrieben von Dr. Artour Rakhimov, Alternativer Gesundheitserzieher und Autor
- Medizinisch überprüft von Naziliya Rakhimova, MD

Tiefes Atmen und Sauerstoffversorgung von Gehirn und Körper

Die meisten Menschen glauben an positive Effekte einer tiefen Atmung.Hyperventilation und Sauerstoff im Gehirn

Sie sagen: „Atme tief durch, das ist gut für dich.“ Diese Menschen nehmen an, dass vermehrtes atmen oder (unwillkürliches) tiefes Atmen dem Körper mehr Sauerstoff zuführt, während CO2 giftig sei.

Selbst in modernen Yoga-Büchern wird behauptet, CO2 sei ein giftiges Abfallprodukt.

Das Bild zeigt die Wirkung von 1 Minute tiefen schnellen Atmens (so dass mehr Luft in die Luft aufgenommen wird) auf die Sauerstoffversorgung des Gehirns.

Normgerechtes Atmen, wie in den medizinischen Lehrbüchern beschrieben, sättigt das arterielle Blut zu 98-99%.

Von tiefem Atmen profitieren

Es gibt Annahmen, dass Atemübungen mit tiefem Atmen tatsächlich nützlich sein können. Das ist jedoch nur dann der Fall, wenn diese Übungen mit einer sehr langsamen Atmung verbunden sind wie bei der korrekten Durchführung des Hatha Yoga Pranayama. Diese sehr langsamen Übungen akkumulieren CO2 im Blut, weil vergleichsweise wenig Luft eingeatmet wird. Das sind gesunde Übungen und der Begriff „tiefes Atmen“ auch nicht zutreffend. Für solch langsames Atmen mit Akkumulierung von CO2 ist der Begriff “reduziertes Atmen“ präziser. In keinem klassischen Sanskrit Yogatext wird tiefes Atmen erwähnt.

Im Bonusinhalt findet sich ein Link auf alte Yoga Texte über Atmung.

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Auf der Startseite sind die Ergebnisse von mehr als 40 Studien zu Atmungsparametern bei Gesunden und Kranken aufgelistet.

Damit Pranayama positive Effekte erzielt, müssen die Übungen so langsam wie möglich ausgeführt werden. (Für eine detailliertere Beschreibung der traditionellen Hatha-Yoga Lehre und Zitate aus alten Sanskrittexten, siehe die Yoga-Seiten, Details siehe Yoga-Seiten, der Link findet sich im Hauptmenü.)

Wenn wir die Veränderungen in der Zusammensetzung der Gase in Lunge und Blut (Kohlendioxid und Sauerstoff) betrachten, so sind Pranayama oder langsame Atemübungen Beispiele von flacher oder reduzierter Atmung, die bewirken, dass nach der Übung weniger Luft geatmet wird als vorher. In diesem Sinne ist es nicht zutreffend, Pranayama als Übung im tiefen Atmen zu bezeichnen.

Mithin bedeutet im Textverlauf der Begriff „tiefes Atmen“ das Atmen von mehr Luft mit Reduzierung der alveolären CO2-Konzentration. In der Medizin steht dafür der Begriff „Hyperventilation“.

Wissenschaftliche Beweise für die Gefährlichkeit tiefer Atemzüge

„…die zerebrale Durchblutung sinkt um 2% für jeden mm Hg Abfall der CO2-Konzentration“ Professor Newton, Medizinische Abteilung University of Southern California, Hyperventilation Syndrome, June 2004, Topic 270, p. 1-7 (www.emedicine.com)

Ärzte, die mit der Buteyko-Therapie arbeiten

Diese Feststellung basiert auf Dutzenden Studien mit demselben Ergebnis: mehr atmen bedeutet weniger Sauerstoff in den Zellen.

Viele dieser Studien finden sich auf der Seite: Vasodilatation und Vasokonstriktion (siehe Links unten), mit den entsprechenden Referenzen zur Forschung über den Zusammenhang zwischen niedriger CO2-Konzentration (Hypokapnie) und eingeschränkter Durchblutung von Gehirn, Herz, Nieren, Leber, Darm, Magen und anderen Organen.

Tiefe Atemzüge können Symptome provozieren

Indessen gibt es eine Bedingung, in der tiefes Atmen einen Nutzen hat. Es handelt sich dabei um den sogenannten Hyperventilations-Provokationstest. Dieser wird genutzt, um die unmittelbare Manifestation von Symptomen chronischer Krankheiten (Herzkrankheiten, Asthma, Panikattacken, epileptische Anfälle und andere) zu provozieren. Er wurde jahrzehntelang von Hunderten von Ärzten angewendet, um das anfälligste System oder Organ bei Menschen mit chronischen Krankheiten zu finden. Die Seite: „Hyperventilations-Provokationstest beinhaltet viele klinische Studien und Aussagen dazu.

Tiefes Atmen kann starke Schmerzen in der Brust auslösen

Angina pectoris ist einer der unangenehmsten Schmerzen. 1997 wurde im American Journal of Cardiology eine Studie mit dem Titel Hyperventilation als spezifischer Test zur Diagnose von Spasmen der Koronararterien veröffentlicht (Nakao et al, 1997).Mann mit Schmerzen in der Brust

206 Patienten mit Angina Pectoris wurden aufgefordert, zu hyperventilieren. Bei allen stellten sich die typischen Schmerzen infolge der Verkrampfungen der Koronararterien und des zellulären Sauerstoffmangels ein. Selbst Menschen ohne diagnostizierte Herzerkrankung können unter Schmerzen in der Brust leiden, die durch tiefes Atmen mit den folgenden Verlusten an CO2 und dem Sauerstoffmangel entstehen. Andere verspüren Rückenschmerzen und Krämpfe in den Magenmuskeln oder bekommen andere Schwierigkeiten und Probleme, die mit Sauerstoff- und CO2-Mangel in Zusammenhang stehen.

Tiefes Atmen verursacht Atemprobleme und Husten

junge Frau hustet

Erkrankungen des Atemsystems (schweres Asthma, Bronchitis, Lungenemphysem, COPD etc.) gehen fast immer mit Schwierigkeiten beim Atmen einher. Tiefes oder schnelles Atmen verursacht CO2-Verluste und dadurch Krämpfe des Bronchialsystems (CO2 erweitert die Bronchien). Da Bronchien und Bronchiolen völlig kollabieren können, wird dem Blut dann auch zuwenig Sauerstoff zugeführt. Probleme mit der Atmung entstehen durch CO2-Mangel infolge tiefen Atmens und werden dadurch immer weiter verschlimmert.

Der Glaube an die heilsame Wirkung tiefen Atmens

Millionen Menschen suchen nach Übungen, um durch tiefes Atmen Herzkrankheiten entgegenzuwirken. Oder Müdigkeitssymptomen. Einige Ärzte, Krankenschwestern und Physiotherapeuten bringen ihren Patienten die tiefe Atmung oder tiefe Bauchatmung bei. Diese Fachleute ermuntern Patienten mit Pneumonie (Lungenentzündung) zum Husten oder tiefen Atmen nach operativen Eingriffen, in der irrigen Annahme, dass die tiefe Bauchatmung positiv auf die Gesundheit wirkt. Tausende von Menschen glauben an diese positive Wirkung. Auch die meisten alternativen Gesundheitsexperten wissen nicht, welche Atmung gesund ist. Sehr wenige stellen jemals die Frage nach dem (unwillkürlichen) Atemmuster, das den Körper optimal mit Sauerstoff versorgt.

Keine medizinische Studie erbringt Hinweise auf positive Effekte tiefen Atmens oder Hyperventilierens auf die Gesundheit

Frau praktiziert Pranayama

Keine einzige Studie untermauert den Glauben, dass das möglichst intensive Abatmen von Kohlendioxid notwendig sei. Tatsächlich endet das Leben eines Menschen innerhalb von Minuten, sobald die CO2-Konzentration unter ein Viertel oder Fünftel der medizinischen Norm fällt. Die Atemzüge beim korrekt durchgeführten Yoga Pranayama sehen nur für Unwissende nach tiefen Atemzügen aus. Das Ziel von Pranayama ist eine Akkumulierung von CO2 durch die Reduzierung des Atemminutenvolumens. Meister des Hatha Yoga sollen nur ein Mal pro Minute oder sogar weniger atmen. Für Details besuchen Sie die Yoga-Seite.

Gleichzeitig zeigen Tausende professioneller medizinischer Untersuchungen und Experimente, welche schlimmen Auswirkungen auf Zellen, Gewebe, Organe und Systeme des menschlichen Körpers chronisches Überatmen (Hyperventilation) und Hypokapnie (niedrige CO2- Level) haben. Dass CO2 für die Regulierung vieler vitaler Prozesse im Körper notwendig ist, wird durch ebendiese Forschung gut belegt (Siehe Links weiter unten). Niedrige CO2-Konzentrationen ziehen niedrige Sauerstoff-Konzentrationen nach sich.

Der Glaube an den Nutzen und die Vorzüge tiefen Atmens (Hyperventilation) ist einer der größten Irrtümer über die Atmung in der westlichen Welt.

CO2 GlobusPatienten mit Asthma, Bronchitis, Lungenentzündung, COPD, Mukoviszidose und anderen Erkrankungen der Atemwege sollen nicht gezielt abhusten und nach Operationen tief atmen. Dagegen wird eine Reduzierung des Atemminutenvolumens zur Verringerung der Schleimbildung führen und die Zilien (Flimmerhärchen) werden aufgrund der besseren Sauerstoffversorgung vorhandenen Schleim leichter abtransportieren können. Jede Form der tiefen Bauchatmung sollte mit sehr langsamen Atemzügen geübt werden, um den CO2-Gehalt in Lunge und Blut zu erhöhen. Auf die Dauer soll geübt werden, langsamer und weniger zu atmen. Von dieser Übung profitieren auch Patienten mit Lungenentzündung. Tiefe Atemzüge wirken bei Herzkrankheiten und Müdigkeit nur dann vorteilhaft, wenn der Patient während der Übung CO2 ansammelt und auf die Dauer, am besten 24 Stunden am Tag weniger atmet.

Die historischen Wurzeln der Annahmen über tiefes Atmen und CO2

Der französische Wissenschaftler Antoine-Laurent Lavoisier entdeckte in den 1780ern die Zusammensetzung der Luft, ebenso wie die Mechanismen des Gasaustausches bei der Atmung. Sauerstoff wird zur Energiegewinnung verbraucht, durch die „Verbrennung“ von Sauerstoff entsteht Kohlendioxid, das als Endprodukt abgeatmet wird. In seinem (Lavoisier’s) klassischen Experiment sperrte er Mäuse in einen Glasbehälter, der viel Kohlendioxid und keinen Sauerstoff enthielt. Natürlich starben die Mäuse, ebenso wie eine Kerze unter solchen Bedingungen verlöscht.

Sauerstoffbläschen

Wahrscheinlich entstand so das oberflächliche Verständnis der Atmung mit der Idee, dass Kohlendioxid ein giftiges Abfallgas sei, während Sauerstoff Leben und Kraft bringt. „Nehmen Sie einen tiefen Atemzug“, „atmen Sie mehr, das ist gut für Sie“ , „atmen Sie tiefer, füllen Sie ihre Lungen, wir brauchen Sauerstoff“ etc. wurden zu populären Aussagen. Selbst jetzt noch treffen wissenschaftliche Arbeiten uneindeutige Aussagen wie: “Atmung ist der Prozess der Sauerstoffversorgung“.

Professor Yandell Henderson 1873-1944) von der Yale University, Vater der kardiorespiratorischen Physiologie und Autor des ersten Lehrbuchs der Physiologie gab folgende Erklärung für die allgemeine Unwissenheit.

Die Ähnlichkeit zwischen Leben und Feuer. Lavoisier’s größter Beitrag zur Wissenschaft und besonders zur Physiologie besteht in dem Nachweis, dass -in groben Zügen- die Vorgänge bei der Verbrennung in einem Feuer und bei der Atmung von Tieren identisch sind. Bei beidem gehen Sauerstoff und kohlenstoffhaltiges Material eine Verbindung ein. Und bei beidem ist das Resultat Hitzeentwicklung und Entstehung von Kohlendioxid…

Der menschliche Verstand ist geneigt, die Natur in moralischer Weise zu betrachten. Vor der noch jungen modernen wissenschaftlichen Ära,…wurde nahezu jedes Problem als Dichotomie von gut und böse, rechtmäßig und sündig, Gott und Teufel betrachtet. Diese abergläubische Tendenz verzerrt das Verständnis von Gesundheit und Krankheit; tatsächlich ist es hauptsächlich abgeleitet von der Erfahrung körperlichen Leidens. Lavoisier leistete unabsichtlich einen Beitrag zu dieser Neigung, als er dem Sauerstoff lebenspendende und dem Kohlendioxid erstickende Eigenschaften zuschrieb. Dementsprechend wurde für mehr als ein Jahrhundert nach seinem Tod und auch jetzt noch dem Sauerstoff die Eigenschaft „Gut“ zugewiesen, während Kohlendioxid als „Geist des Teufels“ betrachtet wird. Es könnte kein größeres Missverständnis der wahren biologischen Beziehung dieser beiden Gase geben.

Physiologie **Die Beziehung zwischen Kohlendioxid und Sauerstoff im Körper.**

Tatsächlich ist Kohlendioxid eine fundamentalere Komponente für Leben als Sauerstoff. Wahrscheinlich gab es schon Millionen Jahre vor dem Karbon Leben auf der Erde. In einer Atmosphäre, die viel mehr Kohlendioxid enthielt als heute. Möglicherweise gab es zu Zeiten gar keinen frei verfügbaren Sauerstoff in der Luft. Auch jetzt leben Tiere, wie z.B. die Spulwürmer (Askariden) in einer Atmosphäre aus Wasserstoff, ohne Sauerstoff.“
Henderson Y., Carbon dioxide, Cyclopedia of Medicine, ed. By HH Young, Philadelphia, FA Davis, 1940.

Im folgenden YouTube Video werden tiefes Atmen, Atemmuster und entsprechende Sauerstoffversorgung veranschaulicht und erklärt, dass tiefes Atmen die Sauerstoff-Konzentration im Gehirn reduziert.

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Überarbeitet am 14.08.2017